"Die nackte Schildkröte" wurde 1996 in dem Buch: "Griechische Pyramiden und andere unglaubliche Geschichten" viersprachig veröffentlicht (deutsch, englisch, italienisch und griechisch). Die Geschichte ist seit August 2004 unter die freie Lizenz gestellt, und auf der Webseite: http://www.webstar.eu.tt zu finden. Die geltende Interpretation der freien Lizenz kann ebendort heruntergeladen werden.
Es war einmal eine Schildkröte, die hatte keine Lust mehr, mit ihrem schweren Panzer in der Hitze herumzulaufen. So zog sie ihn aus und wanderte des Weges. Da kam eine Ziege und meinte, daß das eine Frechheit wäre, hier nackig herumzulaufen - was sollten denn die kleinen Zicklein denken - und schwupps, warf sie einen Stein nach der Schildkröte, daß diese die Beine in die Hand nehmen mußte, um nicht gesteinigt zu werden.
Einige Zeit später begegnete sie wieder jemandem - diesmal einem Widder, der sofort Angst um seine Schäfchen hatte und nach der Schildkröte schrie, sie solle, wenn sie nackt sei, ja hier verschwinden. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, warf er ein Grasbüschel hinter dem fliehenden Tier her. Bald darauf traf die jetzt bereits vorsichtiger gewordene Schildkröte einen alten Hahn, der sie sofort, als er sie erblickte, anschrie was ihr einfiele, das könne sie vor den Küken doch nicht machen! So eine Schweinerei!
Die nackte Schildkröte machte sich sofort davon und wartete die Steine erst gar nicht ab, die der Hahn schon in den Flügeln hatte.
So wanderte das verfolgte Tier zurück zu seinem Panzer und fand sich schon mit seinem Schicksal ab, ewig damit durch die Hitze laufen zu müssen. "Warum kann ich nicht Federn haben, oder ein Fell wie die Schafe und Ziegen, dachte sie bei sich und als sie so vor sich hingrübelte, kam plötzlich der Bauer. Den konnte sie gut leiden, denn er stellt ihr immer eine Schüssel Futter hin. Eilig und in voller Futter-Erwartung bewegte sie sich mit schwerem Gepäck in Richtung Bauernhof. Aber was mußte sie da erblicken, als sie endlich schweißüberströmt ankam? Der Bauer hatte die Schafe geschoren, so daß dies ein äußerst komisches Bild abgab.
Pudelnackt stand der Widder - sein "bestes Stück" mit den Hufen verbergend - vor dem Ziegenstall, in dem die Bäuerin gerade molk und die Tiere an ihren Brustwarzen ziemlich hart hernahm. Sehr romantisch, dachte die Schildkröte zynisch bei sich und vernahm gleichzeitig die Schreie des Hahns, der gerade vom jungen Hund über den Hof gejagt und gerupft wurde, so daß er in einem mehr als fragwürdigen Bild dastand.
Da lachte die Schildkröte, zog ihren Panzer aus und sprang in den Mühlbach. Dort ist sie noch heute als Kröte zu finden.
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